Können Sie Ihre Position und ihr Unternehmen kurz vorstellen?
Dekarbonisierung und Digitalisierung sind die beiden Kernthemen von Infineon. Unsere Halbleiterlösungen machen den Alltag einfacher, sicherer und umweltfreundlicher. Sie ermöglichen grüne und effiziente Energie, saubere und sichere Mobilität sowie ein intelligentes und sicheres IoT. Im Geschäftsjahr 2023 erzielte Infineon mit weltweit rund 58.600 Beschäftigten einen Umsatz von rund 16,3 Milliarden Euro.
Als Chief Sales Officer Automotive bin ich für die weltweite Vermarktung und den Vertrieb der Produkte und Lösungen im Automotive-Markt verantwortlich. Das schließt Mikrochiplösungen für Busse und Nutzfahrzeuge der Transport- und Logistikbranche sowie für das Bauwesen und die Landwirtschaft mit ein.
Was bedeutet der IAA TRANSPORTATION Slogan „People and Goods On The Move“ für Sie?
Den Slogan könnte man noch ergänzen mit „People and Goods on the Move - emissionsfrei, autonom und sicher sowie zuverlässig, komfortabel und vernetzt“.
Das beschreibt meines Erachtens zutreffend, wohin die Entwicklung von Bussen und von Transport- und Logistikfahrzeugen führt bzw. führen muss – und hierzu werden unsere Halbleiterlösungen beitragen.
Was erhoffen Sie sich von der IAA TRANSPORTATION 2024?
Es gibt viele strukturelle Veränderungen im Transport- und Logistikwesen bei der Umsetzung der Elektrifizierung, des zunehmend automatisierten und schließlich autonomen Fahrens, der höheren Vernetzung und Update-Fähigkeit.
Diese Veränderungen zu bewältigen ist eine große Herausforderung – das kann kein Partner der Wertschöpfungskette alleine schaffen.
Wir brauchen enge Kooperationen und müssen sicherstellen, dass wir auch die Markteinführungszeit im Blick behalten, denn die höhere technische Komplexität sollte nicht zu längeren Entwicklungszyklen führen. Auf die interessanten Diskussionen dazu freue ich mich.
Welches Thema werden Sie auf der IAA TRANSPORTATION 2024 vorstellen?
Sprechen werde ich über den Beitrag von Halbleitern, um Nutzfahrzeuge für Transport und Logistik sauber, sicher und smart zu machen und zudem wettbewerbsfähig in Bezug auf Modularität und Skalierbarkeit sowie Energieverbrauch, Lebensdauer und Wartung.
Erläutern möchte ich, wie der Halbleiterhersteller Infineon einerseits Zero-Emission unterstützt – unter anderem Hochvolt-Lösungen mit seinen Wide-Band-Gap-Technologien – und andererseits die Entwicklung hin zum autonomen Fahren und zu update-fähigen elektrisch-elektronischen (E/E-) Fahrzeugarchitekturen ermöglicht. Für all das ist zuverlässige Mikroelektronik Dreh- und Angelpunkt; oder wie wir sie bezeichnen „dependable electronics“. In diesem Zusammenhang sind die Notwendigkeit von chipbasierter Null-Fehler-Qualität, funktionaler Ausfallsicherheit und Cybersicherheit wichtige und spannende Themen.
Welches essenzielle Zukunftsthema findet in der Öffentlichkeit zu wenig Beachtung?
Über den autonomen Truck müsste man viel mehr sprechen. Bis der auf Deutschlands bzw. Europas Straßen und Autobahnen fährt, geht noch einige Zeit ins Land. Viel früher wird er in abgegrenzten Räumen, wie beispielsweise innerhalb von Hafenanlagen oder Großbaustellen unterwegs sein, wo es keinen oder nur sehr wenig Personenverkehr gibt.
Ein anderes Thema ist derzeit schon beim Personenwagen aktuell: Der wird zu einem „software-defined Vehicle“, dessen Eigenschaften und Funktionen – beispielsweise bei Vernetzung, Automatisierung und Personalisierung – durch Software ermöglicht werden; letztlich definiert die Software das Auto.
Die Frage ist: Wie kommen wir zügig zum „software-defined Truck“? Und wie müssen dann dessen Fahrzeugarchitekturen aussehen? Infineon verfügt über einen hohen Grad an System- und Applikationskompetenz rund um Busse und Fahrzeuge der Transport- und Logistikbranche. Als Halbleiterhersteller stehen wir als Sparring-Partner bereit, um neue Fahrzeugarchitekturen zu ermöglichen, die die Nutzung der Trucks über die Zeit adaptierbar halten und damit deren Wert über die gesamte Lebensdauer erhöht.
In welchem Bereich des Transport- und Logistiksektors sehen Sie das größte Potenzial und wo den größten Aufholbedarf?
Energie-Effizienz mit Null-CO2-Emission hat das größes Potential.
Größten Aufholbedarf sehe ich in internationaler Standardisierung beim autonomen Fahren. Überall auf der Welt wollen alle Verkehrsteilnehmer, also neben Autofahrern auch Fußgänger, Radfahrer, die Nutzer von Scootern etc., in autonomes Fahren vertrauen können; ganz egal wie das Wetter ist und wie stark befahren Straße oder Autobahn. Es bedarf Innovationskraft und Zuversicht und auch die Nutzung von sicheren und absichernden Halbleiterlösungen, um gemeinsam die Technologiebasis für dieses Vertrauen zu schaffen.
Der Wandel im Transport- und Logistiksektor hin zu den nachhaltigen Lösungen ist groß. Wie lautet Ihre Vision für den Sektor in 20 Jahren?
In 20 Jahren fahren Autos, Busse und Fahrzeuge für Transport, Logistik, Bau und Landwirtschaft voll-elektrisch und/oder CO2-neutral sowie autonom und sind zudem vollständig vernetzt, immer online und cybergesichert. Die Reichweite von LKWs beträgt dann über 1000 Kilometer und nach einem Boxenstopp von nur 10 Minuten gehen sie mit vollgeladenen Batterien wieder auf Tour. Der Fahrersitz bleibt leer, die Fahrzeugemission beträgt Null und der Verkehrslärm durch Motoren ist passé.