IAA Voices: Interview Air Products

Caroline Stancell ist General Manager, Hydrogen for Mobility, Europe and Africa. In dieser Position trägt sie die regionale Verantwortung für das Hydrogen-for-Mobility-Geschäft des Unternehmens in der Region Europa und Afrika und treibt Wachstum, Rentabilität und operative Exzellenz voran.

Frau Stancell, bitte erzählen Sie uns zunächst etwas über Ihren Hintergrund und Ihre derzeitige Rolle bei Air Products.

Als ich aufwuchs, mochte ich Mathe und Naturwissenschaften sehr, und ich hatte einen sehr inspirierenden Chemielehrer, was immer hilfreich ist. Es erschien mir logisch, ein Studium in dieser Richtung zu wählen, und ich entschied mich für Chemieingenieurwesen. Allerdings, wenn ich ganz ehrlich bin, ohne viel darüber zu wissen, was das eigentlich bedeutete. Schließlich habe ich in der chemischen Industrie gearbeitet, und die Entscheidung für ein Chemieingenieurstudium hat sich als ziemlich genial erwiesen. Denken Sie an die Dinge, mit denen Sie sich mit diesem Hintergrund beschäftigen können, wie zum Beispiel die Herausforderungen, denen wir uns in der Klimakrise gegenübersehen. Die Chemie, das Ingenieurwesen und die Wissenschaft bieten so viel Raum für Innovationen, um die Welt mit sinnvollen Lösungen wirklich zu verändern.

In meiner jetzigen Funktion als General Manager, Europe and Africa bei Air Products fühle ich mich durch die Herausforderungen und Maßnahmen, die wir ergreifen müssen, um von der heutigen Gesellschaft mit hohem Kohlenstoffausstoß zu einer Gesellschaft mit sauberer Energie und Nachhaltigkeit überzugehen, ohne dabei alles aufzugeben, was wir lieben, sehr angeregt.

Vielfalt spielt eine Schlüsselrolle beim Übergang zu einer Gesellschaft mit sauberer Energie. Nach Angaben der Internationalen Agentur für erneuerbare Energien (IRENA) machen Frauen jedoch nur ein Drittel der Beschäftigten im Bereich der erneuerbaren Energien aus. Wie ist es für eine Frau, eine Führungsposition bei der Energiewende einzunehmen?

Ich denke, wir brauchen alle Stimmen, denn der Klimawandel ist kein Problem, das wir mit einem Drittel oder einer Hälfte unserer Gesellschaft lösen können. Wenn wir eine Chance haben wollen, den notwendigen Wandel zu erreichen, brauchen wir viele Wissenschaftler und die gesamte Gesellschaft, um einen Konsens zu erzielen und eine Dynamik zu schaffen, die uns in kürzester Zeit von dem, was wir jetzt tun, zu dem bringt, was wir brauchen. Ich glaube, wenn es uns gelingt, mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen, könnten wir einen größeren Teil der weiblichen Bevölkerung motivieren, sich an den Veränderungen zu beteiligen, die wir vornehmen müssen, um unsere Klimaziele zu erreichen. Ein größerer Teil der Bevölkerung könnte das Gefühl haben, dass er sowohl die Möglichkeit als auch die Verpflichtung hat, den Wandel voranzutreiben. Ich denke, wir müssen Frauen und Mädchen jeden Alters, jeder Herkunft und jedes Bildungsniveaus zeigen, dass sie sich engagieren und einen Beitrag leisten können. Das ist ebenso wichtig wie spannend.

Lassen Sie uns speziell über Wasserstoff und die Dekarbonisierung des Verkehrs und der Industrie sprechen. Wie groß ist das Potenzial von Wasserstoff im Hinblick auf den Schwerlastverkehr im Allgemeinen? Und was braucht es, damit dieses Potenzial tatsächlich zum Tragen kommt?

Grüner Wasserstoff kann eine entscheidende Rolle bei der Diversifizierung der Energiequellen auf nachhaltige und verantwortungsvolle Weise spielen. Die für die Produktion von grünem Wasserstoff benötigte erneuerbare Energie ist im Prinzip in jedem Land der Welt in unterschiedlicher Menge vorhanden, eine Ressourcenverteilung, die sich grundlegend von der von Öl und Gas unterscheidet. Eine Reihe von Ländern verfügt jedoch nicht über ein ausreichendes Potenzial an erneuerbaren Energien, um ihren Bedarf an Wasserstoff zu decken, so dass erneuerbarer Wasserstoff zwischen den Ländern hin- und hergeschoben werden muss, wobei einige zu Nettoexporteuren und andere zu Nettoimporteuren werden. Diese Realität spiegelt sich in der Anzahl der nationalen "Memoranda of Understanding" wider, die in den letzten Jahren zwischen potenziellen Anbietern und potenziellen Verbrauchern von erneuerbarem Wasserstoff unterzeichnet worden sind. Im März 2022 kündigte die Europäische Kommission einen bahnbrechenden Plan zur Bewältigung der Energiekrise in Europa an: REPowerEU. Die detaillierten Umsetzungsmaßnahmen, die folgen werden, werden die Nachfrage nach Wasserstoff drastisch beschleunigen. So sieht der REPowerEU-Vorschlag für 2030 zusätzlich zu dem Gesamtziel von 5 Millionen Tonnen pro Jahr des Fit-for-55-Pakets bis zu 10 Millionen Tonnen importierten Wasserstoffs aus verschiedenen Quellen und 5 Millionen Tonnen in Europa produzierten Wasserstoffs pro Jahr vor. Um die REPowerEU-Ziele zu erreichen, ist es wichtig, dass die EU und die Mitgliedstaaten ihre Zusammenarbeit zur Förderung von Investitionen auf globaler Ebene beschleunigen.

Wie kann Air Products zu diesen Zielen beitragen?

Air Products ist der weltweit größte Wasserstoffhersteller. Wir treiben Innovation und Nachhaltigkeit durch unsere eigenen fortschrittlichen Technologien voran und gewährleisten einen sicheren, zuverlässigen und effizienten Produktionsprozess. Unsere Technologie wurde in mehr als 250 Wasserstoffbetankungsprojekten weltweit eingesetzt, und bereits heute werden jedes Jahr mehr als 1,5 Millionen Betankungen mit der Technologie von Air Products durchgeführt.

Durch die Herstellung und den Vertrieb von sauberen Wasserstoff-Energielösungen für den Einsatz in Brennstoffzellenfahrzeugen für den Schwerlastverkehr, für industrielle Anwendungen und für die Energiespeicherung tragen wir dazu bei, die Energiewende mit Wasserstoff zu unterstützen, die Kohlenstoffemissionen zu minimieren und die Abhängigkeit von endlichen Energieressourcen zu verringern. Wir können dies nicht allein tun, daher arbeiten wir weiterhin eng mit europäischen politischen Entscheidungsträgern und Partnern zusammen, die sich verpflichtet haben, Wasserstoff zur Realität werden zu lassen. Politische Maßnahmen, die sowohl die inländische Produktion als auch den Import von Wasserstoff unterstützen, werden die Entwicklung der europäischen Wasserstoffwirtschaft beschleunigen und die breite Einführung von Technologien fördern, in denen Air Products ein weltweit anerkannter Spezialist ist.

Wir verfolgen aktiv Projekte für erneuerbaren Wasserstoff in der EU sowie ergänzende exportorientierte Projekte in Regionen der Welt, in denen die Bedingungen für eine zuverlässige Erzeugung des für die Wasserstoffproduktion benötigten erneuerbaren Stroms gut sind. Ein Beispiel für Letzteres ist das NEOM Green Hydrogen Project, das bis 2026 in Betrieb gehen soll und mit einer geplanten Produktion von 650 Tonnen pro Tag das führende Großprojekt für grünen Wasserstoff darstellt. Europa und andere Teile der Welt wurden bereits als attraktiver Bestimmungsort für einen Teil der Produktion des Projekts identifiziert, der für die Dekarbonisierung von Schwerlastfahrzeugen und der Industrie genutzt werden soll. REPowerEU hat die Bedeutung von First-Mover-Projekten wie dem NEOM Green Hydrogen Project für die EU erhöht.

Sie haben bereits die schweren Nutzfahrzeuge erwähnt. Wie würden Sie die Rolle von Air Products in diesem Bereich definieren?

Ganz konkret für den Bereich der schweren Nutzfahrzeuge: Air Products hat kürzlich den Bau mehrerer Wasserstofftankstellen in ganz Europa angekündigt. In Deutschland werden wir eine zweite Wasserstofftankstelle in Hürth (Raum Köln) bauen. Neben den Bussen und Müllfahrzeugen der Stadtwerke Hürth wird sie auch Dritten die Möglichkeit bieten, ihre Fahrzeuge mit Wasserstoff zu betanken, da sie für 350 und 700 bar Füllung ausgelegt ist. In den Niederlanden werden wir die größte Wasserstofftankstelle für Lkw realisieren und zunächst emissionsfreie Lkw von Air Products, Schenk und anderen frühen Wasserstoffanwendern im Hafengebiet von Rotterdam versorgen.

Abschließend noch die Frage: Worauf können sich die Besucher des Air-Products-Standes auf der IAA TRANSPORTATION freuen?

Die IAA TRANSPORTATION ist die ideale Plattform für einen direkten Austausch mit allen, die die Dekarbonisierung des Verkehrs vorantreiben wollen. Dazu gehören Hersteller von Schwerlastfahrzeugen und Bussen ebenso wie Flottenmanager aus dem Transportsektor, die ihre Ziele zur Reduzierung der CO2-Emissionen erreichen müssen.

Ich freue mich sehr, dass Air Products einer der Sponsoren der diesjährigen IAA Transportation ist. Ich freue mich, am Donnerstag, dem 22. September, als Hauptredner aufzutreten, wobei sich das Thema auf die Infrastruktur konzentrieren wird. Da Air Products ein Experte für die gesamte Wasserstofflieferkette ist, freue ich mich darauf, unser Fachwissen und unsere Erkenntnisse über die Wasserstoffinfrastruktur mit dem Publikum zu teilen.

Wir freuen uns sehr auf die Teilnahme an der IAA TRANSPORTATION, wo wir unsere mobile Tankstelle im Außenbereich präsentieren und den Ausstellern zur Verfügung stellen werden, um ihre Fahrzeuge für ihre Vorführungen zu betanken. Wir laden die Besucher zu unserem Stand C21 in Halle 24 ein, wo wir uns treffen und unsere End-to-End-Lösungen für alle Flottengrößen besprechen können, die die Lieferung, Speicherung und Betankung von Wasserstoff umfassen.

Frau Stancell trat 1989 nach Abschluss ihrer Universitätsausbildung in das Karriereentwicklungsprogramm von Air Products ein. Im Laufe ihrer Karriere bekleidete sie zunehmend verantwortungsvolle Positionen im Vertrieb und Marketing in allen Bereichen des Industriegasgeschäfts. Im Jahr 2014 wurde sie Marketingdirektorin für die Region Europa und Afrika. Angesichts des aufkeimenden Wachstumspotenzials von Wasserstoff als Energiequelle wechselte sie in ihre derzeitige Position als Geschäftsführerin Hydrogen for Mobility, Europa und Afrika.

Sie verfügt über Abschlüsse in Chemieingenieurwesen und Managementwissenschaften des Massachusetts Institute of Technology und der Sloan School of Management.